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"Alltägliche Arbeit muss Sinn ergeben"

Als neuer Geschäftsführer im Diakoniewerk Simeon startete Dr. Oliver Unglaube im Krisenbewältigungs-Modus. Was ihm bei der Einarbeitung in Zeiten von Corona noch klarer geworden ist: Es braucht mehr Anerkennung für soziale Berufe. Was ihn abseits der Pandemie umtreibt: Aufbruchsstimmung und Zukunftskonzepte.

Seit März im Unternehmen: Geschäftsführer Oliver Unglaube (Foto: Albig)

Herr Unglaube, früher in der Finanzwirtschaft, heute Geschäftsführer in einer gemeinnützigen Organisation. Wie fühlt sich das an?
Es fühlt sich gut und richtig an! In meinem Beruf geht es immer um das Wirtschaften mit knappen Ressourcen. Der Unterschied liegt in der Verwendung der Gewinne. In der freien Wirtschaft fließen sie zurück zu den Gesellschaftern, in der Gemeinnützigkeit werden sie sinnstiftend reinvestiert. Das war für mich die ausschlaggebende Motivation, ins Diakoniewerk Simeon zu kommen. Was man in seiner alltäglichen Arbeit macht, muss Sinn ergeben – das sehe ich durch unser breites Angebotsspektrum im Sozial- und Pflegebereich und durch den diakonischen Ansatz sehr stark ausgeprägt.

Wie war der Start in Zeiten von Corona?
Ich kam Anfang März und drei Wochen später waren wir inmitten der Corona-Krise. Das ist natürlich eine Herausforderung – neu im Unternehmen und direkt im Krisenmodus. Wir hatten ja alle keine Erfahrungswerte für den Umgang mit einer Pandemie. Was sich mir sofort gezeigt hat war, dass wir Mitarbeitende haben, auf die wir bauen können. Engagement und Kompetenz in den Fachbereichen haben mich beeindruckt. Vor allem die Mitarbeitenden, die unmittelbar COVID-19-Gefahren ausgesetzt waren, haben sehr besonnen gehandelt. Sich unter Beachtung der zusätzlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen einem möglichen Ansteckungs- und Gesundheitsrisiko auszusetzen, verdient größte Achtung.

Abseits von Corona – was sind für Sie wichtige Ziele für das Diakoniewerk Simeon?
Für uns als Geschäftsführung ist zunächst das Wichtigste, eine solide wirtschaftliche Basis zu schaffen, die die langfristige Weiterentwicklung möglich macht. Dabei wollen wir transparent kommunizieren und die Mitarbeitenden einbeziehen. Ich erlebe Aufbruchsstimmung und freue mich, dass die Menschen das erkennen, mitwirken und sich einbringen. So können wir Konzepte entwickeln und die Zukunft gemeinsam gestalten.

Welche Art von Konzepten meinen Sie?
Unsere Geschäftsmodelle müssen wirtschaftlich, refinanziert und zukunftsfähig sein – und zwar über alle Fachbereiche hinweg. Zum Beispiel im Pflegebereich: Wir brauchen die klassischen stationären Versorgungsangebote, werden aber sicherlich den ambulanten Bereich weiter ausbauen, beispielsweise mit Wohngemeinschaften oder Tagespflegen. Damit bedienen wir auch das wachsende Bedürfnis danach, möglichst lange in häuslichen Strukturen versorgt zu werden.

Sie sind systemischer Coach. Wollen Sie Elemente dieser Ausbildung in Ihre Geschäftsführer-Tätigkeit einbringen?
Ich denke, das tue ich bereits (lacht). Im Coaching geht es immer wieder um die Fragen: Wie kommuniziere ich mit Menschen? Wie reflektiere ich mich selbst dabei? Nehme ich Sorgen und Bedürfnisse auf? Aber vor allem: Wie unterstütze ich, damit Einzelne ihre Ressourcen nutzen können, um eigenständig Probleme zu lösen. All das lässt sich im Arbeitsalltag gut integrieren.

Was haben Sie in den ersten Monaten im Diakoniewerk Simeon für sich erfahren?
Dass ich noch mehr Respekt habe für alle, die direkt mit Menschen im Sozial- und Pflegebereich arbeiten, aber auch für die Mitarbeitenden in der Verwaltung, die sie dabei tagtäglich unterstützen. Und ich würde mir wünschen, dass die gegenwärtig spürbare gesellschaftliche Wertschätzung für soziale Berufe anhält – auch über Corona hinaus

Dr. Oliver Unglaube, 44, war viele Jahre für Pflegeunternehmen tätig, bevor er im Frühjahr zur Diakoniewerk Simeon gGmbH kam. Der Ökonom ist gebürtiger Berliner und aufgewachsen in Lichtenrade.