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Spendenaktion für ukrainische Geflüchtete in Polen

Interview mit Anetta Wanicka-Lietzow, Mitarbeiterin der Migrationsberatung im Diakoniewerk Simeon. Text: Mounaim Katir

Liegen stehen in einer Turnhalle

Decken, Kissen, Bezüge und Handtücher sind in der polnischen Kleinstadt Zlotoryja/Goldberg angekommen.

Anetta Wanicka-Lietzow, Mitarbeiterin der Migrationsberatung im Diakoniewerk Simeon, hat eine Spendenaktion zur Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine in ihrer Heimatstadt Zlotoryja/Goldberg, Polen gestartet. Bisher sind über 4000 Euro gespendet worden. Frau Wanicka-Lietzow hat sich einen Eindruck vor Ort gemacht und berichtet.  

Das Interview führte Mounaim Katir, Beauftragter für Flucht und Integration in den Evangelischen Kirchenkreisen Neukölln und Tempelhof-Schöneberg.

Wie nehmen Sie die Situation vor Ort wahr?   
Ich war am Freitag vor Ort und wollte mir einen Überblick verschaffen über die Situation der Geflüchteten vor Ort und schauen was vor Ort für Bedarfe bestehen. Die Unterkunft, die wir unterstützen ist eine Schule, in der ungefähr 50-60 Frauen und Kinder untergebracht sind. Die Leute sind in einer Turnhalle mit 100 Feldbetten untergebracht. Von den Spendenmitteln wurden Bettwäsche, Decken und Handtücher gekauft – für die Schule, aber auch für private Haushalte, die Geflüchtete aufgenommen haben.  
In der Turnhalle war es am Freitag sehr ruhig und still. Es war schon sehr anders. Die Leute waren erschöpft. Die Kinder saßen in einer Ecke und haben gespielt. Man merkt den Leuten an, dass sie noch gar nicht wissen was da eigentlich mit ihnen passiert. Sie sind froh in Sicherheit zu sein, dass sie sich um ihr Leben nicht mehr fürchten müssen. Aber es herrscht eine große Unsicherheit. Diese Stille symbolisiert für mich nicht nur Trauer, sondern auch diese Unsicherheit.   
Ich habe dann vor Ort gefragt was die Menschen brauchen, da es noch einige Spendenmittel gab. Aber sie haben gesagt, dass sie eigentlich alles hätten. Es sind viele junge Frauen und Kinder, aber auch ältere Frauen. Viele machen sich Sorgen um ihre Familienangehörigen, Väter und Nachbarn, die in der Ukraine geblieben sind.
Trotz dieser Situation fühlten sie sich dort wohl. Die bunten Bettdecken haben ihnen Freude gemacht. Sie haben gut in diesen schlafen können.  

Wie viele Geflüchtete sind aktuell vor Ort untergebracht?   
In dieser Kleinstadt mit 15.000 EinwohnerInnen sind Geflüchtete in zwei Schulen, in einer Jugendherberge, viele aber auch bei Privatpersonen untergebracht. Es kommen immer wieder neue Menschen dazu. Sie werden per Bus in die Städte gebracht. Momentan werden die Familien zunächst in den Schulen untergebracht, bis sie in Wohnungen vermittelt werden können. Es werden teilweise auch zwei Familien pro Wohnung untergebracht. Das ist beengt, aber besser als eine Turnhalle.  

Was braucht es für die nächsten Wochen und Monate?   
Geldspenden sind immer herzlich willkommen. Es können auch Spenden direkt dorthin gebracht werden. Zlotoryja /Goldberg ist nicht so weit weg. Es sind ca. 260 km von Berlin. Ich habe direkt mit den Menschen gesprochen, was ihnen fehlt. Erst war es sehr zögerlich und sie meinten sie hätten alles. Aber mit der Zeit wurde doch deutlich was fehlt.
Eine Mutter hat sich Stifte und Papier, Bastelmaterialien für die Kinder gewünscht. Wir haben Bälle für die Kinder besorgt, so dass die Kinder auch etwas in Bewegung sind. Dann wurde klar, dass ein Föhn fehlt. Es wurde klar, dass die eine Wasch- und Spülmaschine nicht reichen. Viele der Kinder sind traumatisiert und nässen ein. Also haben wir uns um einen Trockner und weitere Maschinen gekümmert. Für die Kinder haben wir weitere Spielsachen wie Puzzle gekauft. Das tut ihnen gut und entspannt – die Kinder und die Mütter.
Die Mütter suchen nach Arbeit. Sie werden in der nächsten Zeit wenig Geld haben. Es wäre schön den Kindern eine Geburtstagsfeier zu ermöglichen. Eine kleine Feier mit einer Torte, Getränken und einem kleinen Geschenk.
Jetzt kommt der Frühling. Die Mütter und Kinder werden andere Kleidung brauchen. Die Bedarfe kommen jetzt mit der Zeit.
Bald ist Ostern. Ich fände es schön, wenn es uns gemeinsam mit dem Pfarrer vor Ort gelänge den Menschen eine Osterfeier zu ermöglichen. Viele sind russisch-orthodox. Da ist Ostern später. Schon jetzt stellt der Pfarrer die Kirche auch für einen Gottesdienst auf ukrainisch zur Verfügung.   

Welche Situation hat Sie besonders bewegt?   
Eine Mutter hat gefragt, ob ihr Sohn German (4) einen Tretroller bekommen könnte. Er wünschte sich diesen so sehr. Wir haben einen gebrauchten Tretroller gefunden. Aber eigentlich wollte er gerne seine Roller von zu Hause haben. In dieser Situation wurde uns bewusst, was die Kinder für Verluste haben. Sie haben ihre liebsten Spielzeuge zurücklassen müssen.   
Dann ist da Diana (14), sie ist auf mich zugekommen und hat gesagt, sie mag sehr gerne Origami. Ich habe ihr Papier besorgt. Sie hat mir als Dank ein Origami-Herz gebastelt. Diana stammt aus Mariupol, einer heute völlig zerstörten Stadt. Sie ist ein Förderkind und wird nun hier eine Förderschule besuchen. Wie ihre Zukunft wohl aussehen mag? 

Spendenaufruf

Wollen auch Sie die Geflüchteten in Zlotoryja/Goldberg unterstützen?
Bitte wenden Sie sich an Frau Anetta Wanicka-Lietzow, Migrationsberatung, Diakoniewerk Simeon: a.wanicka-lietzow@noSpamdiakoniewerk-simeon.de