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Alle für ein Ziel

Als Armutsbeauftragter will Thomas de Vachroi Engagement besser vernetzen – und eine Gesamtentwicklung anstoßen. Dafür muss Kirche die Werbetrommel rühren.

Thomas de Vachroi in seinem Büro

Thomas de Vachroi ist erster Armutsbeauftragter für den Kirchenkreis Neukölln. Seit 2017 hat er die Funktion auch für das Diakoniewerk Simeon. (Foto: Diakoniewerk Simeon / Albig)

Herr de Vachroi, immer wieder fordern Wohlfahrtsverbände die Einsetzung von Armutsbeauftragten auf Bundes- und Länderebene. Sie sind Armutsbeauftragter seit 2017 im Diakoniewerk Simeon und seit diesem Jahr im Kirchenkreis Neukölln – setzt Kirche damit ein dringendes Statement?

Unbedingt. Kirche und Diakonie tun viel in der Armutsbekämpfung und als Koordinierungsstelle will ich diese Arbeit vorantreiben und noch näher zusammenzubringen. Doch ebenso wichtig ist, Akteur*innen besser zu vernetzen: Es bedarf eines Fundaments aus kirchlichen und gemeinnützigen Organisationen, Vereinen und Politik, von dem alle, die etwas tun möchten, profitieren. Viele wollen helfen, wissen aber nicht genau wie.

Wen und was wollen Sie erreichen?

Vor allem sollte der Staat seine Verantwortung stärker wahrnehmen. Doch wir brauchen insgesamt eine gesellschaftliche Entwicklung. Dafür müssen auch Diakonie und Kirche die Bevölkerung stärker miteinbeziehen und die Werbetrommel rühren, also darüber sprechen, wie wichtig Angebote sind, wie sie sich finanzieren, wie sie arbeiten – und dass alle mitmachen können. Im Kern ist das für mich diakonischer Dienst – motivieren, dass jeder und jede die Gesellschaft ein bisschen mitträgt.

Welche Vorhaben haben Sie konkret?

Ich kämpfe seit vielen Jahren für die Idee eines Obdachlosenzentrums. Eine zentrale Anlaufstelle, die Menschen ohne Wohnung betreut, bei der Suche unterstützt, zu Ämtern und Ärzten begleitet oder medizinische Versorgung anbietet. Auch fordere ich mobile Versorgungspunkte wie Dusch- und Toilettenwagen. Außerdem müssen wir uns besser um die Gestrandeten aus Osteuropa kümmern, die hier kein Recht auf Sozialleistungen haben. Ich setze mich auch für die sinnvolle Verteilung von überschüssigen Lebensmitteln ein und für Wohnraum für arme Menschen.

Manche sagen, Sie geben der Armut ein Gesicht?

Ja, weil ich aufkläre und darüber rede: In Gemeinden genauso wie in Schulen oder auf der Straße. Wie schnell man in Armut rutschen kann, zeigt aktuell die Corona-Pandemie. Sie ist ein Turbo. Viele Förderer, Selbstständige und Geschäftsleute sind plötzlich selbst betroffen. Diese Not wird uns Jahre beschäftigen – mit all ihren Begleitern: Krankheiten wie Depressionen oder auch ein rauer Ton in der Bevölkerung. Sind wir darauf vorbereitet? Oder gibt es schon Angebote, mit denen man jetzt kooperieren kann? Man muss die Strukturen nicht neu erfinden, sondern ausweiten und in Kontakt bringen. Schließlich haben wir das gleiche Ziel: Armut lindern.