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Migrationsberatung muss weiter gefördert werden

Geplante Kürzungen im Bundeshaushalt bedrohen Teilhabe

Neben individueller Beratung bieten Jugendmigrationsdienste Gruppenangebote, wie das Sprachcafé des JMD Neukölln.

Anlässlich des bundesweiten Aktionstages der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) unterstreicht das Diakoniewerk Simeon die Forderungen der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz an die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg, die geplanten Kürzungen im Haushaltsentwurf nicht mitzutragen.

Diese zeichnen ein düsteres Bild für die Integrationsarbeit in Berlin und Brandenburg. Die Diakonie rechnet mit einem Wegfall von bis zu 30% ihrer Angebote in den Beratungsstellen für Migrant*innen und Geflüchtete. Bundesweit sind zahlreiche diakonische Beratungsangebote für Menschen mit Migrationsgeschichte von der Kürzung in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro betroffen. Bewährte Integrationsarbeit und damit die Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte wird dadurch massiv abgebaut.

Für das Diakoniewerk Simeon haben die Haushaltskürzungen folgende Auswirkungen:

1) Vollständige Streichung des Programms „Respekt Coach“ in Berlin (Tempelhof-Schöneberg) und Brandenburg (Lübben)

Für dieses Programm wird die Bundesförderung komplett eingestellt, wodurch die Respekt Coaches nicht weiterbeschäftigt werden können. Alle Workshops, Exkursionen und Projekte, die seit 2018 rund um Demokratiebildung und zusätzlich zum Regelunterricht an Schulen stattfinden, müssen damit enden.

„Für uns Lehrende sind die Respekt Coaches wichtige Impulsgeber und nehmen uns mit ihrer Expertise und der administrativen Organisation von Veranstaltungen viel Arbeit ab. Sollten die Mittel und die Arbeit eingeschränkt werden, würde das nicht nur eine produktive und eingespielte Zusammenarbeit torpedieren, sondern besonders diejenigen benachteiligen, deren Leben ohnehin schon ausreichend schwierig ist“, sagt Steffen Krüger, Lehrer an der Fritz-Kühn-Schule Berlin.

2) Kürzungen der Jugendmigrationsdienste in Berlin (Neukölln und Tempelhof-Schöneberg) und Brandenburg (Lübben) sowie in der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) in Berlin (Neukölln und Tempelhof-Schöneberg) und Brandenburg (Lübben)

Kürzungen hätten sowohl für die Angebote MBE als JMD zur Folge, dass Stellen reduziert bzw. abgebaut werden müssen und hoch qualifizierte Fachkräfte nicht gehalten werden können. Im schlimmsten Fall müssen die ohnehin wenigen Standorte, die bereits an und über der Kapazitätsgrenze arbeiten, schließen.

„Kürzungen widersprechen einer demokratischen Grundstruktur“

Die bundesgeförderte MBE ist deutschlandweit das einzige Angebot für eine Grundberatung für Neuzugewanderte aller Herkunftsländer, das zugewanderte Personen beim Zugang zu Kitas und Schulen, zu Sprachkursen, bei der Integration in den Arbeitsmarkt und weiteren komplexen sozialen Fragen unterstützt.

Bärbel Blume, Case Managerin der MBE Königs Wusterhausen, sagt: „Wenn Geflüchteten die ihnen zustehende Beratung vorenthalten wird, verfügen diese nicht über notwendiges Wissen und Begleitung, was zwingend ist, um sich integrieren zu können und in unseren, unter stetig zunehmendem Arbeitnehmermangel leidenden, Arbeitsmarkt einzugliedern. Immer mehr Menschen aufnehmen zu wollen und zu müssen und parallel die Mittel für die Beratungsangebote zu kürzen, steht im absoluten Widerspruch zu einer europäischen demokratischen Grundstruktur, durch die sich Deutschland auszeichnen und wahrgenommen werden möchte.“

„Motivierte Jugendliche gehen der Gesellschaft verloren“

Zu den Hauptaufgaben der JMD zählen die individuelle Beratung, Gruppenangebote und eine intensive Vernetzung mit Bildungsträgern und Behörden für junge Menschen bis 27 Jahre.

Birgit Kaselow, Leiterin des JMD im Diakonischen Werk Lübben, sagt: „Mit dem Beratungsangebot stehen wir im ständigen Konflikt zwischen Anspruch und migrationspolitischer Realität: dem Anspruch, dass Beratung kompetent und solidarisch sein muss und der Realität, dass Migrationsarbeit zwar im Koalitionsvertrag verankert ist, aber nicht als Regelangebot mit entsprechender finanzieller Ausstattung verfestigt wird. Und somit die Anerkennung finden würde, die diese Arbeit verdient! Das Verschwinden der ohnehin wenigen örtlichen Angebote bedeutet für die Jugendlichen auch Fehlen von Ansprechpersonen, Wissen und Lobbyarbeit – und durch verpasste Chancen wie lange Wartezeiten auf Anschlussmöglichkeiten gehen motivierte Jugendliche der Gesellschaft verloren.“

„Ein Verschwinden wäre dramatisch“

Schon jetzt kann die steigende Nachfrage an Migrationsberatung im Diakoniewerk Simeon kaum gedeckt werden. Über Jahre haben diakonische Träger diese Angebote trotz widrigster Umstände und chronischer Unterfinanzierung aufrechterhalten und hohe Eigenmittelanteile eingebracht.

Janka Vogel, Leiterin der Berliner Migrationsberatungen im Diakoniewerk Simeon, sagt:  Migrationsberatung ist ein Querschnittsthema. Durch unsere Fachkräfte erhalten die Menschen das Rüstzeug, ihr Leben selbstbestimmt in Deutschland zu gestalten. Wir sind bestens im Sozialraum vernetzt und unter den Ratsuchenden sehr bekannt. Wenn wir jetzt verschwinden, wäre das dramatisch.“